Sorry, daß ich mich erst jetzt in die Debatte einschalte, aber wie an anderem Ort geschrieben war ich nicht zuhause.
Ich bin seit vielen Jahren Fan der Geschichten um Sherlock Holmes, und es gibt wohl kaum eine Geschichte, die ich nicht gelesen hätte. Auch wenn das Projekt ja nun schon im sterben liegt, möchte ich daher einige Anmerkungen machen:
Ich fände es gut, wenn es einen weiteren Comic um Sherlock und John gäbe, vor allem, wenn es jemandem einmal gelingt, sich von den Klischees zu lösen, Sherlock habe immer einen Inverness-mantel und einen Deerstalker Hut getragen. Beides wird in den Geschichten so eigentlich nicht so gesagt (auch wenn in einer Geschichte, ich weiß nicht mehr welcher, ein solcher Hut in einem Nebensatz erwähnt wird. Ansonsten orientieren sich alle filmischen und bildlichen Darstellungen des Sherlock Holmes an den (zugegebenermaßen brillianten) Zeichnungen von Sidney Paget.
Ich würde mich an so ein Projekt nicht herantrauen, umso größer mein respekt vor jemandem, der so eine Herkulesaufgabe in Angriff nimmt.
Zunächst einmal wäre (wie von meinen Vorredner schon beschrieben) eine intensive Recherche notwendig. Das Leben der englischen Mittel- und Oberschicht im ausgehenden 19. Jahrhundert war die Umgebung, in der die meisten Geschichten angesiedelt sind. Man müßte sehr aufpassen, nichts reinzuzeuichnen, was es damals noch nicht gab. Das Stichwort "Waffen" wurde schon angesprochen, es geht weiter mit Mode, Verpackungen (z. B. Tabak), Straßenbelag und -beleuchtung usw. usw. usw. Auch wenn man nicht zu sehr ins Detail gehen würde, wäre das eine große Herausforderung. Lesen, lesen, lesen heißt hier das Stichwort.
Die Figur Sherlock Holmes wird von A. C. Doyle als ein recht großer Mann (über 6 Fuß, also über 1,80) von hagerer Gestalt und raubvogelartigem Gesicht beschrieben. Da SAherlock Holmes ein starker Konsument harter und weicher Drogen (Tabak, teilweise Marihuana, viel Kokain) ist, stelle ich persönlich ihn mir als eher hohlwangige Gestalt von leicht krankhaftem Äußeren vor. Zumal er in seinen langen "Pausen" zwischen zwei Fällen kaum raus an die frische Luft kommt. Es wird auch immer wieder gesagt, Holmes sei von bleichem Teint und habe graue Augen. Da er andererseits aber ein recht kräftiger, kampfstarker Typ ist, dürfte er auch nicht ZU schmächtig sein. Das Alter wäre zweitrasngig, da die Geschichten um Holmes sich z. T. über mehrere Jahrzehnte hinziehen. Es gibt Geschichten von Sherlock Holmes als jungem Mann, als Schüler sogar, und bis zu seinem (vorläufigen) Ende an den schweizer Reichenbachfällen vergehen locker 30 Jahre. Im Mittel würde ich ihn als Mittdreißiger bis Mittvierziger darstellen.
Damit sind wir bei Dr. John Watson. Das ist beileibe nicht der leicht trottelige Pummel mit Walroßschnauzer, als welcher er so oft dargestellt wurde. Und schon gar nicht ist er sowas wie eine Vaterfigur für Holmes. John Watosn ist in den Geschichten Doyles ein bemerkenswert kluger, hochgebildeter Mann mit großem Hang zu praktischen Lösungen. In den Büchern kehrt Watson um 1880 verwundet aus dem englisch-afghanischen Krieg zurück und sucht eine Bleibe. Da Holmes noch ein Zimmer frei hat, bilden die beiden zunächst eine reine Wohngemeinschaft. Holmes fühlt sich von Watsons Intellekt ebenso angezogen wie dieser von Holmes' Exzentrik, und so wächst über einen gewissen Zeitraum eine tiefe Freundschaft. Und Cartoonisten interessiert natürlich stark die Optik. Watson wird immer wieder als ein sportlicher, fast athletischer Mann beschrieben, der zwar etwas kleiner ist als Holmes, aber immer noch von beachtlicher Größe. 1,80 war ja damals schon fast riesenhaft. Er wird als sehr attraktiv beschrieben, viele Frauen scheinen ihn geradzu anzuschmachten. Scvhließlich heiratet er ja auch eine Klientin von Holmes, Mary Morstan.
Warum aus ihm immer der nichtsschnallende Trottel vom Dienst gemacht wird, der eigentlich nichts anderes tut als zu Sherlock Holmes aufzuschauen, das weiß ich nicht. Wäre aber schön, wenn es mal anders wäre.
Schließlich, als letzten Tip:
Fang' nicht mit "Der Hund von Baskerville" an. es gibt "nur" vier Romane um Sherlock Holmes, das sind "Im Zeichen der Vier", "Eine Studie in Scharlachrot", "Der Hund von Baskerville" und "Das Tal der Angst". Alle Romane arbeiten mit vielen Ortswechseln und sehr unterschiedlichen Szenarien. Das kann, wenn das der Einstieg wäre, zu Problemen und Frust führen. Es gibt aber -zig Kurzgeschichten um Holmes und Watson. Die erschienen etwa 1890 bis zum Ersten Weltkrieg in der englischen Zeitschrift "The Strand". Da sind wirklich tolle Stories dabei, mit denen man sicher einmalig schöne Comics zaubern könnte. Allerdings ist ja gerade Holmes jemand, der sehr, sehr stark auf winzigste Details achtet- man müßte also schon ziemlich genau und detailiert arbeiten, damit die Pointe zündet. Holmes' Geschichten leben ja von einem gewissen "Who dunnit" Faktor, der oft erst auf der letzten Seite aufgeklärt wird (und den Leser auch bei der 30. Geschichte noch wieder überrascht).
Falls Du am Ball bleibst: Viel Glück und Erfolg!!
Ein Frosch ohne Humor ist nur ein kleiner, grüner Haufen.
(Kermit, 1976)