Hab was gefunden, allerdings nicht das von Carlsen sondern eines au dem Icom Jahrbuch...
Interview Andreas Dierks mit Kim Schmidt,
erschienen im ICOM- Jahrbuch 2004
Andreas Dierks: Seit 1988 liegen von dir gezeichnete und getextete Comics in denLäden. Jetzt kam bei Carlsen ein "Comic Zeichenkurs" von dir heraus. Ist das so etwas wie eine Rückschau auf fünfzehn Jahre Erfahrungen, die du
weiterreichen wolltest, oder was war der Anlass für diese
Veröffentlichung?
Kim: Rückblick auf mein Lebenswerk, oder wie? ;-)
Angefangen hat es damit, daß ich gefragt wurde, ob ich nicht Zeit und Lust hätte, mal einen Comiczeichenkurs vor einer Schulklasse abzuhalten. Das hat mir viel Spass gemacht und kam wohl auch ganz gut an, jedenfalls bekam ich danach des öfteren Anfragen in diese Richtung, vorwiegend von Schulklassen und den Jugendabteilungen verschiedener Bibliotheken.
Und da die Teilnehmer an diesen Kursen in der Regel immer so ziemlich die gleichen Fragen stellen und mehr oder weniger die selben Anfängerschwierigkeiten haben, lag es nahe, die wichtigsten Fakten in Sachen Comicmachen mal in eine feste Form zu gießen und für alle zu präsentieren. an ein Buch dachte ich zunächst aber gar nicht, sondern habe zusammen mit einem Programmierer einen Comiczeichenkurs für meine website (
www.kim-cartoon.com) erarbeitet. Figuren zeichnen, Schritt für Schritt, das Zeichnen von Kopf, Körper, Händen etc. all sowas wollte ich möglichst anschaulich darstellen. Dazu gibt es Rubriken wie "Fragen an Kim", wo individuelle Zeichenprobleme beredet werden können oder eine Galerie in die die Besucher ihre Werke ´reinstellen können. Ein Forum, welches die Kommunikation mit den Nachwuchszeichnern noch vereinfacht, ist gerade in Arbeit. Jan Paepke, mein Programmierer hat dazu ein paar echt witzige Animationen gebastelt, das Ganze sollte auch einen gewissen Unterhaltungswert haben.
Kurze Rede, langer Sinn: Ich habe irgendwann mal Joachim Kaps den Link zu diesem Kurs gemailt, er hat sich das angesehen und angeregt, daraus ein Buch für Carlsen zu machen.
Dierks: Auch Jens R. Nielsen und Michael Hülse haben vor kurzem bei Carlsen
einen Zeichenkurs veröffentlicht. Wurde die Arbeit also unnötig doppelt
getan? Macht man sich da nicht gegenseitig Konkurrenz?
Kim: Du meinst den Dragonball Z Zeichenkurs. Der gefällt mir persönlich auch ziemlich gut, aber er richtet sich doch explizit an Mangazeichner. Ich sehe da keine Überschneidungen, das geht ja in eine andere Richtung als mein Buch. Man soll´s nicht glauben, aber es gibt noch jede Menge Kinder und Jugendliche, die eben nicht so auf Manga, sondern auf den europäischen Stil stehen. Für die ist das Buch gemacht. Klar, es gibt sowieso schon jede Menge Comiczeichenkurse in Buchform, darum habe ich versucht, meinen Kurs so unterhaltsam wie möglich zu machen und mit Comics und Cartoons garniert. Es soll auch Spass machen, das Ding `einfach so` zu lesen.
Und noch was: Viele Eltern reagieren ja skeptisch, wenn ihr Kind plötzlich verkündet: "Ich werd´ Comiczeichner!" Dann kommen gleich die Einwände: "Ja und die Krankenversicherung? Was, wenn Du arbeitslos wirst?" und all diese bekannten Sachen. Darum habe ich in meinem Buch auch noch was zu diesen Themen geschrieben (Künstlersozialkasse, VG-Bild Kunst, Verträge, Bewerbung bei Verlagen usw.). Das fehlt bei anderen Zeichenkursen meistens. Wenn die Kids das lesen, können sie ihren Eltern von vorneherein den Wind aus den Segeln nehmen.
Dierks: Du schreibst in deinem Zeichenkurs im Vorwort, man könne vom
Comiczeichnen (in Deutschland) leben. Siehst du das nicht allzu
optimistisch? Immerhin haben deine Frau und du zwei Kinder, die doch
auch einmal mehr wollen als immer nur trocknes Brot und Kartoffelsuppe?
Kim: Wieso? Brot und Kartoffeln sind doch die klassischen Nahrungsmittel, und äußerst nahrhaft obendrein! aber mal im Ernst - habe ich das wirklich geschrieben? hm, muß mich da wohl vertippt haben ;-). Ich verdinge mich natürlich auch als Auftragsarbeiter, mache Illustrationen für die Werbung oder illustriere Bücher. So ganz ausschließlich lebe ich also nicht vom Comiczeichnen, obwohl ich diese Auftragsarbeiten irgendwie auch dazu zähle, das ist ja eigentlich fast alles auch im Comicstil gezeichnet. Die Aussage in dem Buch sollte dem Leser nur signalisieren: Es geht! Man kann auch auf diese Weise seine Brötchen verdienen. das glauben einem sehr viele Leute ja einfach nicht oder wollen es nicht wahrhaben, weil das nicht in ihre Vorgartenmentalität passt.
Dierks: Man sieht dich beim Ausräumen deines Dachbodens einen Stapel von "Tim und Struppi"-, "Wastl"-, "Rick Master"- und "Donald Duck"-Bücher
schleppen. Sind das lediglich Jugenderinnerungen oder finden sich in
diesen Comics auch deine Vorbilder fürs Zeichnen und Erzählen?
Kim: Beides. Ich bin mit Micky Maus, Fix und Foxi und Zack aufgewachsen, das hat mich natürlich geprägt. In Zack liefen ja die ganzen Klassiker, bei denen man beim Lesen richtig mitgefiebert hat, Mick Tangy, Comanche, Blueberry...
Nach "Angel Face" zum Beispiel haben mein Sandkastenfreund Jens Junge und ich überlegt, wie kommt Blueberry da bloß wieder ´raus? Wenn der das Zugunglück überlebt haben sollte, wandert der garantiert wegen Attentatsversuch auf den Präsidenten für Jahrzehnte in den Knast. Wir sahen die Serie am Ende und haben unsere Befürchtungen sogar in einem Leserbrief an Zack kundgetan. Ts...
Meine zeichnerischen Vorbilder sind aber mehr die frankobelgischen Funnycomics, Lucky Luke, Asterix, Gaston, später Gotlib usw., die sind bis heute weitestgehend unerreicht. Ich hatte so Phasen, in denen ich versuchte, meine jeweiligen Lieblingscomics nachzuzeichnen: Die Franquin-Phase, die Hermann-Phase, die Cubitus- und Albert Enzian-Phase...
Im allgemeinen stehe ich auf Zeichner mit klarem Strich und aufgeräumtem Stil. Dazu gehört z.B. auch ein realistischer Zeichner wie Mike Mignola.
Dierks: Kommen dir solche witzige Ideen wie die von der "Serpieri
Ausziehtusche", dem "Reiser Zeichenurin in 50 ml-Facons" und den
"Puckschen Schwerlastblasen" morgens unter der Dusche oder wann findest
du im Familientrubel die dazu nötige Stimmung und Ruhe? Hast du Tricks
für das Ringen um Einfälle im Köcher?
Kim: Danke für die Blumen! Tja, wann kommen die Ideen? Ich weiß nicht - unter der Dusche? Beim Frühstück? Ein Comic in dem Buch behandelt ja auch das Thema "Ideen". In der Geschichte sitze ich auf Klo, habe plötzlich den Rieseneinfall den ich unbedingt notieren muß und dann ist das Papier alle...
Tatsächlich ist es so, daß ich mir das Ideenkriegen so ein bißchen antrainiert habe. Donnerstags zum Beispiel habe ich Großkampftag, dann zeichne ich die neuen Folgen zu meinen Serien, da brauche ich meistens 4 verschiedene Gags. Ich setze mich dann an den Zeichentisch, lese die Zeitung durch und denk´ mir was aus. Das funktioniert auch in der Regel. Ab und zu kommt auch mal zwischendurch eine Idee, die wird dann gleich notiert, damit sie nicht verloren geht und wandert in den Fundus, aus dem ich bei Bedarf schöpfe. Seit einiger Zeit mache ich auch Langlauf. Wenn man da so mit sich allein auf der Strecke ist hat man mal Ruhe, kann die Gedanken kreisen lassen. Auch da kommen mir des Öfteren Ideen.
dass mit dem Familientrubel ist übrigens gar nicht mehr so dramatisch, inzwischen ist es im großen und ganzen akzeptiert, daß ich zuhause arbeite und in Ruhe gelassen werden muß und nicht immer für jeden Kram aufspringen kann. Außerdem gehen meine Söhne inzwischen zur Schule, da habe ich also vormittags auf jeden Fall sturmfreie Bude.
Dierks: Du bist mit dem Comiczeichenkurs-Projekt beim Carlsen Verlag untergekommen. Was ist andiesem Verlag für dich so attraktiv? Oder würdest du lieber beimAchterbahn-Verlag veröffentlichen, der dir ja wohnortmäßig näher läge?Was hat es mit diesem "Störtebeker" auf sich?
Kim: ch habe mit beiden Verlagen nur gute Erfahrungen gemacht. Bei Achterbahn bin ich auch gerne, ich verstehe mich echt gut mit den Leuten (Gruß an Christian und Andreas!), die haben sich auch zum Beispiel für den dritten Schumiband richtig weit aus dem Fenster gelehnt. Den Störtebeker habe ich aber schon vor ein paar Jahren erstmals Joachim Kaps präsentiert, es war also klar, daß ich ihm auch den zweiten Versuch zuerst zeigen wollte. Bei Carlsen fühle ich mich aber auch sehr wohl, ich kenne zwar nur einen Teil der Belegschaft, aber das läuft da alles sehr locker, gutes Klima. Da nehme ich die paar Kilometer mehr nach Hamburg als nach Kiel denn auch gerne in Kauf. Außerdem ist bei Carlsen ja in den letzten Jahren sehr viel passiert. Als deutscher Zeichner hat man hier einfach sehr gute Möglichkeiten.
Und noch zu Störtebeker: Das ist doch ein superspannendes Thema, das bei mir ja quasi vor der Haustür liegt. der berühmteste Pirat hier oben, ein Robin Hood der See - ich wollte da unbedingt was draus machen. Das ganze wird allerdings ein Funnycomic, geköpft wird Störte bei uns vorerst nicht.
Dierks: Du sagtest, bei Carlsen sei in den letzten Jahren
> sehr viel passiert. Was meinst du damit?
Kim: Na ja, dieser Richtungswechsel, weg von den teuren Kunstcomicproduktionen, die keinen interessieren hin zum Massenmarkt der Manga. Ich glaube, ich plaudere hier kein Geheimnis aus, wenn ich sage, daß das dem Carlsen Verlag ziemlich gut getan hat. Und dieser Erfolg ermöglicht es eben, auch mal deutsche Zeichner ´ranzulassen. Wobei es hier sicher nicht um den Quotendeutschen im Verlagsprogramm geht, sondern um die ernsthafte Etablierung von deutschen Zeichnern die für breite Leserschichten arbeiten.